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Movies 2014 (48) – Die Truman Show

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Jahr: 1998
Genre: Drama
Regie: Peter Weir
Drehbuch: Andrew Niccol

Worum geht’s?
Truman Burbank ist ein ganz normaler Mann mit einer ganz normalen Familie mit einem ganz normalen Job. Zumindest ist das die Welt aus seiner Sicht. Für die restliche Menschheit ist sein Leben die größte und erfolgreichste Seifenoper aller Zeiten, die seit seiner Geburt vor fast 11.000 Tagen rund um die Uhr jeden Tag ausgestrahlt und von etwa 5000 Kameras aufgezeichnet wird.

Darsteller:
Jim Carrey as Truman Burbank
Laura Linney as Meryl Burbank/Hannah Gill
Ed Harris as Christof
Noah Emmerich as Marlon
Natascha McElhone as Lauren/Silvia

Ich finde es immer wieder klasse, wenn Schauspieler, die für ihre Arbeiten in einem bestimmten Genre bekannt sind, sich einem anderen Genre widmen und dort ebenfalls großartiges leisten können. Besonders auffallend ist dies bei Schauspielern, die eher für ihre Comedies berühmt sind und später dann in einem Drama überzeugen können. Steve Carell beispielsweise hat schon desöfteren bewiesen, dass er ein vielseitiger Schauspieler ist und gilt als einer der Favoriten auf den Oscar für 2015. Auch Jimy Carrey hat die Welt damals geschockt, als sie ihn in „Die Truman Show“ sahen. Der für großen Klamauk bekannten Carrey liefert eine wundervolle Performance ab, die sehr gut ist, wie auch der gesamte Film.

Der australische Regisseur Peter Weir hat in den letzten 14 Jahren nur zwei Filme gedreht, die allesamt unterhaltsam waren. Warum er nur so wenige Filme auf dem Buckel hat, erschließt sich mir nicht, denn er besitzt viel Talent, man muss einfach nur einen Blick in seine Filmographie werfen. Der Kultfilm „Der Club der toten Dichter“ ist auch von ihm. Aber Weir war nicht die erste Wahl für den Regieposten. Multitalent Sam Raimi und Andrew Niccol, der das Drehbuch schrieb, sollten eigentlich Regie führen, doch dies kam nicht zustande. Zum Glück. Denn Weir inszeniert diese aktuelle Geschichte mit viel Feingefühl. Er findet genau die richtige Mischung aus dosiertem Carrey-Klamauk, Satire, Drama und Charakterstudie. Hier war es sehr wichtig, eine passende Balance zu entwickeln, und dies gelingt Weir ohne Probleme. Niccol, der schon für viele hochklassige Filme das Drehbuch schrieb, ist auch hier für das Skript verantwortlich.

Jim Carrey spielt Truman, der wohl größte Fernsehstar auf Erden. Sein gesamtes Leben wird ausgestrahlt, alle Personen in seinem Leben sind Schauspieler und er hat keine Ahnung davon. Doch hier und da passieren komische Dinge und er zweifelt an der Echtheit seines Lebens und versucht, einen Weg aus der Stadt zu finden. Doch der Produzent, der ihn adoptiert hat, hat da natürlich etwas dagegen und legt ihm so viele Steine wie möglich in den Weg. Diese Rolle gehört zu den besten Performances, die Carrey in seiner Karriere je abgeliefert hat. Laura Linney verkörpert seine Ehefrau Meryl, die aber auch eine Schauspielerin ist und ihn eigentlich nicht liebt. Linney macht eine super Figur und kann ihre Gefühle überzeugend zur Schau stellen. Ed Harris ist der Produzent der Sendung, Christof, und liefert eine sehr starke Leistung ab. Seine Skrupellosigkeit erreicht immer neue Ebenen und die Besessenheit kann man in jeder Szene auf seinem Gesicht ablesen. Holland Taylor als Truman’s Mutter und Noah Emmerich als Truman’s bester Freund, der ihn wirklich mag, aber einfach nicht die Wahrheit sagen kann, runden die starke Besetzung ab.

In der Satire „Die Truman Show“ treffen Komödie und Drama zusammen und ergeben eine Mischung, die nur selten so stark ist wie in diesem Fall. Der Film besitzt sehr viele amüsante Momente. Man kann nicht anders als zu lachen, wenn Truman etwas komisches vorstößt, welches ihn dann skeptisch macht. Das großartige an dem Film, dass diese Momente immer zum richtigen Zeitpunkt auftauchen und der Humor nie zu übertrieben wirkt, alles ist bodenständig und gibt dem Drama die nötige Leichtigkeit. Doch im Kern ist der Film ein Drama, welches die Suche nach der Wahrheit thematisiert. Angetrieben wird der Film von seinem packenden Konzept, dass Big Brother harmlos und wie ein Kindergarten aussehen lässt. Man fühlt mit Truman mit, wenn all seine Versuche, die Wahrheit zu finden, fehlschlagen. Mit Truman besitzt der Film auch einen Hauptcharakter, mit dem sich der Zuschauer sofort identifizieren kann. Die Welt, die Weir erschaffen hat, ist so unglaublich, dass man immer wieder aufs Neuste erstaunt wird. Es wurde auf alle Details geachtet, von Truman’s Job, der Stadtkonstruktion von Seahaven bis zu der ganzen Hintergrundgeschichte, alles ist bis aufs kleinste Detail durchdacht. Der Film zeichnet auch eine Zukunft, die bald eintreffen könnte. Wir sehen heutzutage viele komische Reality Shows, doch keine geht so weit die im Film. Aber so schnell wie sich unsere Gesellschaft entwickelt, könnte das schnell Realität werden. „Die Truman Show“ ist ein Meisterwerk, mit einem fantastischen Jim Carrey, der allen zeigt, dass er auch anders kann.
10/10

Movies 2014 (29) – Punch-Drunk Love

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Jahr: 2002
Genre: Drama
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson

Worum geht’s?
Barry Egan ist ein kleiner aber aufstrebender Geschäftsmann, der durch das Aufwachsen mit seinen sieben Schwestern nachhaltig geschädigt, nicht fähig ist, eine Beziehung zu führen. Eines Tages tritt jedoch Emily in Barrys ohnehin schon turbulentes Leben und die lässt sich durch seine zahlreichen Marotten nicht abschrecken.

Darsteller:
Adam Sandler as Barry Egan
Emily Watson as Lena Leonard
Luis Guzmán as Lance
Philip Seymour Hoffman as Dean Trumbell
Mary Lynn Rajskub as Elizabeth

Die letzten Filme von Adam Sandler wurden nicht gerade gut von den Kritikern aufgenommen. „Kindsköpfe 2“ konnte zwar Gewinn machen, ist aber von allen verhasst. „Der Chaos-Dad“ hat ebenfalls keine Fans und floppte auch an den Kinokassen. Dabei ist es schade, dass sich Adam Sandler solchen Filmen widmet, wenn jeder weiß, dass er schauspielerisches Talent besitzt. In „Spanglish“ und „Wie das Leben so spielt“ beispielsweise war er klasse. Doch seine beste Leistung lieferte er in „Punch-Drunk Love“ ab. Eine tolle Performance, und ein noch besserer Film.

Als Paul Thomas Anderson während einer Pressekonferenz in Cannes verkündete, dass sein nächster Film eine Dramey mit Adam Sandler sein wird, lachten viele Reporter, da sie dachten, der gute Mann scherzt. Genau für diesen Film gewann 2002 PTA den Regiepreis der Filmfestspiele von Cannes. „Punch-Drunk Love“ ist nicht PTA’s bester Film, aber immer noch wahnsinnig gut. Ein Zeichen, dass Anderson eine starke Filmographie besitzt. Nur ein Regisseur mit dem Kaliber von Anderson kann aus Adam Sandler das ganze Talent, welches er besitzt, rausholen. Der Film an sich überzeugt durch eine skurille Geschichte und Charaktere, die einem schnell ans Herz wachsen. Das Drehbuch, ebenfalls von PTA geschrieben, ist clever und vielschichtig. Dabei überzeugt vor allem die ungewöhnliche Liebesbeziehung, die frei von Klischees ist, die anderen Filmen anhaftet.

Adam Sandler verkörper Barry Egan, der ein erfolgreiches Kleingeschäft führt und ordentlich Geld verdient. Doch sein Leben läuft nicht optimal, denn seine sieben Geschwister machen ihm das Leben zur Hölle. Permanent kommandieren sie ihn herum, jeden Tag wird er von ihnen gehänselt. Als er eines Tages eine Telefonsex-Hotline anruft und seine persönlichen Daten freigibt, wird er von der Frau um Geld erpresst, und er hat ein weiteres Problem an der Backe. Adam Sandler liefert in diesem Film die beste Performance seiner Karriere ab. Zwar ist er im Kern immer noch der Mann, der viel unsinniges tut und teilweise rumblödelt, aber diesmal hat er einen triftigen Grund, der seinem Charakter die nötige Tiefe mitgibt. Emily Watson ist Lena, die Frau, die es schafft, sich dem unnahbaren Barry zu nähern. Watson ist ebenfalls fantastisch in der Rolle und eine super Ergänzung zu Sandler. Die beiden haben eine glaubwürdige Chemie und bilden wohl das ungewöhnlichste Liebespaar seit langem. Die restliche Besetzung muss nicht sonderlich viel tun, fällt aber auch nicht negativ aus sondern erledigt ihre Arbeit sehr souverän.

„Punch-Drunk Love“ gehört zu den wundervollsten Filmen, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Wenn Comedians mal in einem Film ihre dramatische Seite aufzeigen und eine Tour de Force abliefern, dann kann man einfach nicht anders als nur gebannt zuschauen. Die Dramedy ist alles andere als vorhersehbar, und das verdankt man Barry Egan. Durch den Einfluss seiner Schwestern hat er sich zu einem Mann entwickelt, der seine Wut nur selten kontrollieren kann, weshalb der Zuschauer nie erahnen kann, was Barry als nächstes vorhat. Wenn er einen seiner Wutanfälle bekommt und auf einen gefundenen Klavier haut, dann ist das komisch und erschreckend zugleich. Der Film funktioniert auch als Charakterstudie, ohne dies als primäres Ziel gesetzt zu haben. Wenn Barry zu seinem Erpresser Dean fährt und ihm die Stirn bietet, dann aus dem Grund, weil er endliche die Liebe seines Lebens gefunden hat. Diese Botschaft kommt auch wunderbar an, ist die Liebe erstmal gefunden, so ist alles möglich. Wie schon zuvor angedeutet ist die größte Stärke des Films die fantastische Beziehung zwischen Barry und Lena, die sich langsam entwickelt und nie überhastet wirkt. Anderson agiert sehr vorsichtig und arbeitet ohne Klischees, und aus diesen Gründen ist diese Beziehung so überzeugend. Die Kameraarbeit ist ebenfalls hervorzuheben und die Farbkompositionen im Film sind großartig, sprechen fast Bände. Trotz all dieser Stärken gibt es aber auch einige Momente, die die Handlung stoppen beziehungsweise nicht voranbringen. Aber alles in allem ist „Punch-Drunk Love“ ein so guter Film, mit einem Sandler, den man so vielleicht nie wieder sehen wird.
8,5/10

Movies 2014 (28) – Cosmopolis

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Jahr: 2012
Genre: Drama
Regie: David Cronenberg
Drehbuch: David Cronenberg

Worum geht’s?
Eric Packer ist ein reicher, gewissenloser und zynischer Spekulant der New Economy. Er träumt von hartem Sex und geilt sich an riskanten Termingeschäften auf. Unterwegs in einer Limousine zu einem Friseurtermin, führt ihn sein Weg durch die 47. Straße quer durch Manhattan. Das Herz von New York steht an diesem Frühlingstag im April 2000 kurz vor dem totalen Kollaps. Der amerikanische Präsident ist in der Stadt, gewalttätige Globalisierungsgegner demonstrieren und der Sufi-Rapper Brutha Fez wird unter großer Anteilnahme seiner Anhänger zu Grabe getragen. Mitten durch dieses Chaos schleicht Packer mit seinen Leibwächtern und Sicherheitsbeamten, seiner Frau, seiner Liebhaberin, und seinem Leibarzt im Schritttempo voran, ohne wirklich vorwärts zu kommen – und am Ende seiner 24stündigen Odyssee durch Manhattan verliert er viel mehr.

Darsteller:
Robert Pattinson as Eric Packer
Sarah Gadon as Elise Shifrin
Paul Giamatti as Benno Livin
Kevin Durand as Torbal
Juliette Binoche as Didi Fancher

Robert Pattinson erlangte dank den seichten „Twilight“-Filmen Berühmtheit. Viele Kritiker fragten sich, welcher Schauspieler denn dieses Franchise am besten hinter sich lassen könnte. Taylor Lautner hat sich mit „Abduction“ als Actionheld versucht und scheiterte damit. Kristen Stewart konnte mit einigen dramatischen Rollen etwas von ihrem Talent zeigen. Nur Robert Pattinson konnte sich komplett von seinem Image lösen, dank seiner interessanten Rollenauswahl. „Cosmopolis“ ist ebenfalls ein interessanter Film, der aber etwas misslungen ist und an seinem Ziel vorbeischrammt.

David Cronenberg ist ein faszinierender Regisseur, der schon einige sehenswerte Filme abgeliefert hat. Mit „Cosmopolis“ nahm er sich einem Buch an, welches die Kritiker spaltete. Die einen feierten die genialen Dialoge und die Kritik, andere wiederum schliefen ein, weil sie das Buch handlungsarm und langweilig fanden. Das Buch habe ich noch nicht gelesen, werde es aber definitiv tun, denn der Film gefiel mir nicht. Nicht jeder kann Fan von Cronenberg’s Stil sein, denn er ist fast einzigartig. Manchmal fällt es einem leichter, Zugang zu seinen Filmen zu bekommen, manchaml schwerer. Für diesen Film gilt letzteres, denn die Dialoge funktionieren im Film überhaupt nicht und lenken von der dünnen Handlung ab. Ich bin mir sicher, dass das Buch viel besser ist, denn die Themen, die angesprochen werden, sind interessant und von großer Bedeutung.

Robert Pattinson spielt Eric Packer, einen reichen, jungen Mann, der unbedingt einen neuen Haarschnitt verpasst haben möchte und sich deshalb mit seiner Limousine durch New York chauffieren lässt. Ein heikles Unternehmen, denn ein Unbekanner will ihn unbedingt töten. Es muss schwer sein, diese speziellen Dialoge überzeugend rüberzubringen, ohne verwirrt auszuschauen, aber genau das schafft Pattinson. Etwas mehr Charisma fehlt ihm aber, doch er zeigt, dass er von den „Twilight“-Hauptdarstellern das größte Potenzial besitzt. Im Film tauchen über die gesamte Laufzeit farbige Charaktere auf, die auf ihre eigene Art und Weise interessant sind. Juliette Binoche verkörpert Eric’s Geliebte und ist in ihrem Alter immer noch ziemlich attraktiv. Sarah Gadon ist Eric’s Ehefrau und liefert ebenfalls eine gute Performance ab, fast auf Augenhöhe mit Pattinson. Auch der Rest des Casts macht eine gute Figur.

„Cosmopolis“ ist ein schwer verdaulicher Film, den man nur anschauen sollte, wenn man hellwach ist. Wenn eine Person auch nur einen Funken Müdigkeit besitzt, wird daraus während dem Film ein ganz großes Feuer und man pennt ein. Es ist mühsam, dem Film zu folgen, denn die Dialoge sind träge und es gibt jede Menge davon. Die Handlung ist sehr dünn und auch die wird von den berühmten Dialogen überschattet. Die Thematik und die Idee hinter dem Film ist sehr interessant und dem Zuschauer wird klar, worauf der Streifen hinaus will. Doch die Umsetzung ist ganz schwach, vielleicht hätte hier ein anderer Ansatz geholfen. Was außerdem schade ist, ist die Tatsache, dass alle 7-8 Minuten neue Charaktere eingeführt werden (Manche interessant, andere wiederum vergisst man ganz schnell), doch diese werden dann schnell links liegen gelassen. Dabei ist es schade, denn besonders Sarah Gadon als junge Ehefrau von Eric hat eine starke Figur gemacht. Die Szenen zwischen den beiden gehörte für mich zu den wenigen Highlights des Films. Der finale Dialogshowdown mit Paul Giamatti hat mir aber gut gefallen und die Darstellerleistungen machen auch einiges wett. Doch die kreativen Ideen, die durchaus vorhanden sind, werden von den langweiligen Momenten überschattet. Cronenberg hat schon besseres abgeliefert.
4/10

Movies 2014 (25) – Gone Baby Gone

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Jahr: 2007
Genre: Drama
Regie: Ben Affleck
Drehbuch: Ben Affleck, Aaron Stockard

Worum geht’s?
Boston, die Stadt der US-Pilgerväter und der Kennedys, tougher Cops und knallharter Gangster. Patrick Kenzie (Casey Affleck) und Angela Gennaro (Michelle Monaghan), privat wie beruflich ein Paar, verdienen ihren Lebensunterhalt als Privatdetektive. Da verschwindet die vierjährige Amanda aus ihrer Wohnung im Arbeiterviertel Dorchester. Spurlos und ohne Lösegeldforderung. Kenzie und Gennaro übernehmen auf Drängen von Amandas Tante Beatrice McCready (Amy Madigan) den Fall. Gemeinsam mit den Detectives Broussard (Ed Harris) und Poole (John Ashton) sucht das Duo nach dem Mädchen. Zum Ärger von Police Chief Jack Doyle (Morgan Freeman), der von Amateurermittlern nichts hlät. Doch er muss bald seine Meinung ändern, denn Kenzie kennt sich aus in Dorchesters Unterwelt, er weiß sich zu bewegen und besitzt beste Kontakte. Bald stößt er auf erste Spuren. Die führen zum lokalen Drogenbaron Cheese (Edi Gathegi), für den Amandas süchtige Mutter Helene (Amy Ryan) immer wieder als Kurier arbeitete und die viel mehr weiß als sie zugeben will. Doch dies ist erst der Anfang einer erschreckenden Wahrheit, die niemand erahnen konnte…

Darsteller:
Casey Affleck as Patrick Kenzie
Michelle Monaghan as Angie Gennaro
Morgan Freeman as Jack Doyle
Ed Harris as Remy Bressant
Amy Ryan as Helene McCready

Ben Affleck galt nach „Gigli“ als die Lachnummer in Hollywood. In dem Film übernahm er mit seiner damaligen Freundin Jennifer Lopez die Hauptrollen und der Film hätte nicht schlimmer floppen können. Er spielte nur 7 Millionen Dollar, also nicht mal die Hälfte der 54 Millionen Dollar Kosten, zudem bekam er vernichtende Kritiken und konnte zusätzlich noch sechs Goldene Himbeeren mit nach Hause nehmen. Wie gesagt, schlimmer kann ein Film nicht empfangen werden. Doch nun gehört er zu den wichtigsten Regisseuren in ganz Hollywood. Wie hat das alles begonnen? Ganz einfach: Mit „Gone Baby Gone“.

Ben Affleck hat vor diesem Thriller eigentlich zwei weitere Filme gedreht, die aber nie veröffentlicht worden sind. Mit seinem Regiedebüt hat Affleck einen neuen Weg in seiner Karriere eingeschlagen. Warner Bros. tut alles, um ihn zu verwöhnen, sie wollen Affleck nicht verlieren. Affleck ist der neue Batman für WB, dafür darf er seine Traumprojekte realisieren. Ein fairer Deal. Der Gewinner? Die Zuschauer. Denn wenn Affleck weiter Topfilme abliefert, hat er eine großartige Zukunft, für mich gehört er zu den zurzeit besten Regisseuren in Hollywood, und das hat er in so kurzer Zeit geschafft. Mit „Gone Baby Gone“ liefert er einen vielschichtigen Thriller ab. Die Geschichte wurde clever konstruiert (Affleck war auch als Drehbuchautor an dem Film beteiligt), sie ist spannend inszeniert und man hat immer das Gefühl, dass in jedem Moment eine Überraschung platzen könnte. Zudem wirft der Film moralische Fragen auf, die einen auch nach dem Gucken beschäftigen. Schwachpunkt: Das Tempo.

Casey Affleck und Michelle Monaghan spielen das Pärchen Patrick und Angie, die zusammenleben und auch als Detektive arbeiten. Eines Tages werden sie beauftragt, ein entführtes Mädchen zu finden. Sie nehmen das Angebot an, aber je tiefer sie graben, desto gefährlicher wird es für die beiden. Michelle Monaghan bleibt etwas blass, kann aber in einigen erinnerungswürdigen Szenen ihr Talent zur Schau stellen. Der wahre Star ist Casey Affleck, der in seiner ruhigen und subtilen Emotionalität eine tolle Performance abliefert. Der Supporting Cast kann sich mit Ed Harris als brutaler Cop und Morgan Freeman als Captain ebenfalls sehen lassen. Besonders Harris überzeugt, aber wann tut er das denn nicht? Nennenswert ist noch Amy Ryan’s Darbietung als die Mutter der verschwundenen Tochter, für die sie verdient für einen Oscar nominiert wurde.

„Gone Baby Gone“ ist ein starkes Regiedebüt von Ben Affleck, der mit diesem Film zeigt, dass er das Zeug dazu hat, ein großer Regisseur zu werden. Mit seinem Debüt liefert Affleck einen guten Thriller ab, der mit einem spannend konstruierten Fall aufwartet. Auf der Oberfläche erscheint alles simpel und man meint, den Fall schon irgendwo, sei es in einer Folge der Dutzend CSI-Sendungen oder in einem Krimibuch, gesehen zu haben. Doch unter dieser Oberfläche brodelt es und nichts ist, so wie es scheint. Die Wendungen sieht man zwar kommen, aber sie sind immer noch glaubwürdig und wirken nicht hanebüchen. Nicht aber der interessante Fall oder die starken Schauspielerleistungen machen den Film so sehenswert, sondern die moralische Frage, die den Zuschauern gestellt wird. Am Ende des Films sitzt man noch da und denkt sich, ob man so gehandelt hätte wie Patrick oder nicht. Zerstört man die Zukunft eines Kindes, indem man das Richtige tut und sie der Mutter übergibt, obwohl man weiß, dass sie sich nicht ändern wird, oder überschreitet man die legale Grenze, um ihr eine rosige Zukunft zu schenken? Affleck hat den Film ebenfalls so realistisch wie möglich gestaltet. Die Inszenierung ist klasse, der Thriller wurde in Boston gedreht und Affleck hat aus der Stadt fast einen eigenen Charakter gemacht. Es wurden keine echten Schauspieler engagiert, sondern ganz normale Menschen, die in diesen hinterlassenen Gegenden leben. Im Mittelteil haben sich aber einige langatmige Momente eingeschlichen, die die Erzählung dämpfen. Aber alles in allem ist „Gone Baby Gone“ ist ein super Debüt von Affleck.
7,5/10

Movies 2014 (21) – Dream House

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Jahr: 2011
Genre: Drama
Regie: Jim Sheridan
Drehbuch: David Loucka

Worum geht’s?
Der erfolgreiche Verleger Will Atenton kündigt seinen gut bezahlten Job in Manhattan, um mit seiner Ehefrau Libby und seinen beiden Töchtern in New England in ein idyllisches Städtchen zu ziehen. Doch als sie ihr neues Leben dort einrichten, erfahren sie, dass sich ein schreckliches Mord-Szenario in ihrem scheinbar perfekten Traumhaus ereignete, bei dem eine Mutter und ihre Kinder umgebracht wurden. Die ganze Stadt ist sich einig, dass der Ehemann, als einzig Überlebender, der Mörder ist.
Als Will weitere Untersuchungen zu der Tragödie anstellt, beginnt er die Geister der Mordopfer zu sehen und ist sich nicht mehr sicher, ob ihm die schreckliche Geschichte nicht zu nahe geht. Die einzigen Hinweise erhält er von seiner mysteriösen Nachbarin Ann Paterson, die die Opfer persönlich kannte. Und als die beiden versuchen das Puzzle Stück für Stück zusammensetzen, wird ihnen klar, dass sie den wahren Mörder entlarven müssen, bevor dieser erneut zum Traumhaus zurückkehrt…

Darsteller:
Daniel Craig as Will Atenton
Rachel Weisz as Libby
Naomi Watts as Ann Patterson
Martin Csokas as Jack Patterson

Da denkt man, dass Horror-Genre ist ausgelutscht und übersät mit den ganzen „Saw“ und „Final Destination“-Sequels und dann kommt ein origineller Horror-Film raus, der das Genre wieder belebt. Diesen Gedanken hatte ich nach „The Conjuring“, der ziemlich gelungen war und frisch daher kam. Dann gibt es aber auch einige Enttäuschungen wie „Dream House“. Der Film wurde verkauft als Psycho/Horror-Thriller, der zwar mit einer netten Wendung aufwarten kann, doch danach geht dem Film die Luft aus.

Jim Sheridan ist ein talentierter Regisseur, der schon sechsmal für den Oscar nominiert wurde, aber noch nie einen Goldjungen mit nach Hause nehmen konnte. Er hat schon so einige fantastische Filme gedreht, daher war ich verwirrt, als ich sah, dass Sheridan hier auf dem Regiestuhl saß, denn das Projekt passt so gar nicht in seine Filmografie (Das gleiche dachte ich auch bei „Get Rich or Die Tryin'“). An seiner Führung liegt es nicht, dass der Film nicht ganz funktioniert. Die Kameraeinstellungen waren gewählt und dadurch wurde eine dichte Atmosphäre geschaffen, doch das allein reicht nicht, um das schwache Drehbuch zu übertrumpfen. Das Skript ist der Angel- und Drehpunkt eines Films, und wenn dieses Schwächen hat, dann ist es schwer, einen guten Film zu fabrizieren. David Loucka weiß nicht, was er mit der Geschichte machen soll, nachdem die wichtige Wendung den Filmverlauf ändert. Das Endprodukt wird unausgegoren, obwohl einige Elemente überzeugen.

Daniel Craig spielt Will Atenton, der seinen Beruf aufgibt, um mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen und ihr neu gekauftes Haus zu renovieren. Doch dieses Traumhaus besitzt eine dunkle Vergangenheit und es geschehen kuriose Dinge. Mehr kann zum Inhalt nicht preisgeben, ohne den ganzen Plot zu verraten. Fest steht aber, dass Craig überzeugend ist und man ihm die Rolle ohne Mühe abkauft. Rachel Weisz verkörpert seine Frau Libby. Craig und Weisz haben sich am Set des Films kennengelernt und sind immer noch zusammen. Dass es zwischen ihnen gefunkt hat, ist auf der Leinwand sichtbar und das tut dem Film sichtlich gut, wird aber in der Rolle total verschwendet. Apropos Verschwendung, Naomi Watts stellt die Nachbarin der Atenton’s dar und ist hier unterfordert. Man hätte hier ruhig eine unbekannte Schauspielern casten können.

Movies 2014 (8) – American Hustle

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Jahr: 2013
Genre: Drama
Regie: David O. Russell
Drehbuch: David O. Russell, Eric Warren Singer

Worum geht’s?
Ende der 70er im schillernden New York: Irving Rosenfeld besitzt mehrere Waschsalons, aber sein Geld verdient er mit dubiosen Geldgeschäften und Kunstfälschungen. Mit Hilfe seiner Geschäftspartnerin und verführerischen Geliebten Sydney Prosser hat er es zu einem kleinen Vermögen gebracht. Als der überambitionierte FBI-Agent Richie DiMaso den beiden brillanten Trickbetrügern auf die Schliche kommt, lässt sich das Gaunerpaar auf einen ungewöhnlichen Deal ein: DiMaso setzt die beiden als Lockvögel auf die Politikprominenz New Jerseys an. Vor allem auf den Bürgermeister von Camden, Carmine Polito, hat er es abgesehen. Hinter dessen Saubermann-Image vermutet er Korruption und Mafiaverbindungen. Am Ende könnte es allerdings Irvings unberechenbare und eifersüchtige Ehefrau Rosalyn sein, die die gesamte Operation zum Platzen bringt…

Darsteller:
Christian Bale as Irving Rosenfeld
Amy Adams as Sydney Prosser
Bradley Cooper as Richie DiMaso
Jennifer Lawrence as Rosalyn Rosenfeld
Jeremy Renner as Mayor Carmine Polito

Nach der Oscarverleihung 2013 machten sich viele Oscarexperten schon Gedanken über die nächsten Oscars, und der Name eines Films fiel besonders oft: American Hustle (früher mit dem Titel American Bullshit). Die Academy Mitglieder lieben David O’Russell, bestes Beispiel sind die Nominierungen für seine letzten zwei Filme. Während „The Fighter“ sieben Oscarnominierungen bekam, wurde „Silver Linings Playbook“ für ganze acht Goldjungen nominiert. Kein Wunder also, wieso sein nächster Film so hoch gehandelt wurde. Und all die Prognosen haben sich bewahrheitet, „American Hustle“ wurde für ganze zehn Oscars nominiert und hat sich auch fast alle verdient. Nach einem schleppenden Beginn wird der Film extrem gut und kann besonders durch starke Schauspieler glänzen.

David O. Russell war vor „The Fighter“ eigentlich kein bekannter Regisseur, nur die wenigsten kannten den Mann aus New York City. Nach seiner Komödie “ I Heart Huckabees“ machte er sechs Jahre lang Pause, bevor er mit dem Paukenschlag „The Fighter“ zurückkehrte und seitdem ist er von Hollywood nicht mehr wegzudenken und liefert einen starken Film nach dem anderen ab. „American Hustle“ ist sein bisher größter Film. Eine solche Besetzung voller Hollywoodschwergewichte sieht man nur ganz selten in Hollywood. Im Film wurde vieles improvisiert und das ist ganz deutlich zu sehen. O.Russell hat all diese Szenen aber wunderbar in den Film eingebaut, auch wenn manches nicht richtig in den Film passt. Er fängt die Atmosphäre der 70er super ein und auch seine Interpretation der Geschichte weiß zu überzeugen. Auch am Drehbuch hat er mitgeschrieben und wer weiß, wie der Film ausgefallen wäre, hätten sich die Schauspieler und auch O.Russell am Skript gehalten. Das Augenmerkt liegt ganz klar nicht auf der Geschichte, sondern man fokussiert sich auf die Dynamik innerhalb der Charaktere. Dies ist einerseits ein Nachteil, aber auch ein Segen, denn die Dialoge sind teilweise so brilliant und die Szenen so intensiv, da stört es nicht, dass man die Story vernachlässigt.

Christian Bale spielt den Betrüger Irving Rosenfeld, der vielleicht nicht der gutaussehendste Mann ist, dafür aber ziemlich smart. Er verkauft gefälschte Kunstwerke und zockt arme Personen ab, die in Geldnot stecken. Eines Tages lernt er die wunderschöne Sydney kennen und beide machen gemeinsame Sache, bis sie von dem FBI-Agenten DiMaso erwischt werden. Der gewährt ihnen Freiheit, wenn die beiden ihm dabei helfen, korrupte Politiker zu überführen. Leichter gesagt als getan.. Bale ist der Star des Films, er spielt jeden Gegen die Wand und nur Adams kann ihm diese Position streitig machen. Wieder einmal hat er sich für eine Rolle stark transformiert, aber diesmal hat er einige Kilo zugenommen statt abzunehmen, wie schon damals für „The Maschinist“. Doch nicht nur deswegen spielt er so stark, er geht in der Rolle einfach auf. Kein Wunder, sie wurde von O.Russell extra für Bale geschrieben, wie auch all die anderen Charaktere. Amy Adams verkörpert Sydney Prosser, Irvings Geliebte und ist fantastisch in der Rolle, gehört definitiv zu den besten Arbeiten, die Adams in ihrer Karriere abliefert. Sie ist sexy, verführerisch und gibt ihrer Rolle auch eine gewisse Tiefe und Verletzlichkeit und macht somit die Sydney menschlich. Bradley Cooper stellt den ehrgeizigen FBI-Agenten Richie DiMaso dar, der einen Plan ausheckt, um korrupte Politiker festzunehmen. Dabei hat er aber nicht mit Irvings Cleverness gerechnet. Cooper hat sich zu einem ernstzunehmenden Schauspieler entwickelt, der eine überzeugende Performance nach der anderen abliefert. Jennifer Lawrence ist natürlich auch mit dabei, diesmal als nervige Ehefrau von Irving. Lawrence zeigt eine ganz andere Seite von sich und ist glaubwürdig, wobei sie mich teilweise ziemlich genervt hat und manche Stellen over the top waren. Jeremy Renner hinkt allen hinterher, dabei hätte ich mir gewünscht, dass es mehr Screen Time bekommt, denn in jeder Szene war er fantastisch. Es gibt auch einige nette Gastauftritte, die wirklich köstlich sind.

Do the Hustle! Das dachten sich wohl die Academy Mitglieder, als sie den Film sahen und gleich für zehn Oscars nominiert haben. Ich bin ja jemand, der ohne Erwartungen in einen Film reingeht, aber bei der Besetzung und den Namen hinter der Kulisse man doch gewisse Vorfreude entwickelt, eine Enttäuschung ware hier besonders tragisch. Aber dazu kommt es nicht, denn der Film ist wirklich klasse. Zugegeben, der Anfang ist holprig, der Zuschauer wird ins kalte Wasser geworfen und der Streifen nimmt nur langsam Fahrt auf. Das Interesse steigt langsam, als Sydney und Irving sich kennenlernen. Als die beiden dann aber beginnen, gemeinsame Sache machen, geht die Post erst so richtig ab und der Film beginnt, Spaß zu machen, denn dann ist auch die Introduction erledigt. Wie schon zuvor angedeutet, stehen die Charaktere an vorderster Stelle, was ein Segen und gleichzeitig ein Fluch ist. Durch die Improvisation sind einige Szene ziemlich klasse und die Schauspieler lassen die Sau raus, was dem Film sichtlich gut tut. Doch die Geschichte hinkt teilweise hinterher und es gibt Momente, da passiert einfach nichts, der Film stagniert und Langeweile macht sich breit, besonders im zweiten Teil des Films. Noch ein Nachteil, dass die Impro mit sich bringt, ist, dass diese Szenen den Erzählfluss stören und keine geradlinige Dramaturgie zu erkennen ist. Ein bisschen mehr Struktur und der Film wäre besser geworden, aber auch so ist „American Hustle“ ein sehr unterhaltsamer Film mit einer wendungsreichen Geschichte. Der Zuschauer wird permanent auf Trab gehalten, man weiß nicht, wer mit wem kooperiert und das macht hier auch den Reiz aus. Auch die Probleme der einzelnen Charaktere sind glaubwürdig erzählt und es ist interessant zu sehen, wie sie versuchen, aus der Scheiße rauszukommen. Während Irving sich und seine Liebe Sydney retten will, möchte DiMaso einfach nur die Karriereleiter hochklettern. Die 70er sehen außerdem super aus im Film. Perfekt ausgewählte Kostüme (Amy Adams und Side-Boobs, besser geht’s nicht) und Songs, die ebenfalls zum Film passen und die Stimmung wiedergeben. „American Hustle“ ist gut, besitzt geniale Lines, die man noch oft zitieren wird und Schauspieler in Topform. Aber so ganz stark wie andere Oscaranwärter ist er nicht.
7,5/10

Movies 2014 (1) – Donnie Brasco

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Jahr: 1997
Genre: Drama
Regie: Mike Newell
Drehbuch: Paul Attanasio

Worum geht’s?
New York, Ende der 70er Jahre: Der kleine Gangster Lefty Ruggiero arbeitet als Auftragskiller für die Mafiafamilie Bonanno. Als er den jungen Donnie Brasco kennen lernt, imponiert ihm vor allem dessen Unerschrockenheit. Doch er ahnt nicht, dass Donnie in Wirklichkeit Joe Pistone heißt und Agent des FBI ist, der einen Weg sucht, um als verdeckter Ermittler in die Kreise der Mafia einzudringen. Lefty und Donnie freunden sich an, und es gelingt Lefty tatsächlich, die „Familie“ zu überzeugen, Donnie aufzunehmen.

Darsteller:
Al Pacino as Benjamin ‚Lefty‘ Ruggiero
Johnny Depp as Donnie Brasco/Joseph D. ‚Joe‘ Pistone
Michael Madsen as Sonny Black
Bruno Kirby as Nicky
James Russo as Paulie
Anne Heche as Maggie Pistone

Ich liebe ja alle Filmgenres. Drama, Komödie, Action oder Sci-Fi, ich bin immer dabei. Aber wenn ein guter Gangsterfilm erscheint, dann werde ich besonders hellhörig, denn mich faszinieren einfach die Geschichten aus diesem Milieu. Meisterregisseur Martin Scorsese prägte das Genre mit „Goodfellas“ und „Casino“, Francis F. Coppola drückte dem Genre mit „Der Pate“-Trilogie seinen Stempel auf. Doch neben diesen bekannten Vertretern gibt es noch so einige andere Gangsterfilme, die wahnsinnig gelungen sind und Spaß machen. Und dazu zählt auch „Donnie Brasco“, der mit Johnny Depp und Al Pacino eine Killer-Combo besitzt.

Der britische Regisser Mike Newell konnte, bevor er die Regie zu „Donnie Brasco“ übernahm, mit seinen britischen Komödien glänzen. „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ ist wohl sein bekanntester Film, der auch ziemlich unterhaltsam ist. Doch mit dieser starken Biographie liefert er seine bisher beste Leistung ab. Besonders brilliant inszeniert ist die Beziehung zwischen Joe und Lefty, deren Dynamik allein den Film sehenswert macht. Genau dieser Aspekt unterscheidet Newell’s Film von anderen Klassikern des Genres. Er konzentriert sich primär auf die Beziehung und nicht auf die Machenschaften der Mafia. Drehbuchautor Paul Attanasio wurde zurecht für einen Oscar nominiert, denn sein Skript ist klasse geschrieben und überzeugt als Charakterstudie eines Mannes, dem das Leben eines Kriminellen anspricht und ihn auch so auslebt, indem es sein eigentliches Leben vernachlässigt. Die Beziehung zwischen Lefty und Joe ist sehr gut geschrieben und das Highlight des Films.

Al Pacino ist Benjamin ‚Lefty‘ Ruggiero, ein kleiner Gangster, der als Auftragskiller für die Mafiafamilie Bonanno arbeitet. Schon seit Jahren versucht er, im Business aufzusteigen, doch andere Kollegen werden immer bevorzugt. Als er Donnie kennenlernt und ihn in die Familie einführt, steigt so allmählich sein Ansehen. Aber Donnie macht ihm den Platz in der Familie streitig. Al Pacino ist ganz stark in diesem Film als Kleingangster. Seine inneren Konflikte werden subtil und wahnsinnig gut von ihm dargestellt. Johnny Depp spielt den Agenten Joe Pistone, der undercover für die FBI ermittelt. Seine Aufgabe ist es, sich in die Mafiafamilie von Bonanno einzuschleusen. Ist ihm das aber erstmal gelungen, findet er Gefallen an seinem neuen Lifestyle. Solche Rollen muss Depp öfters spielen. Klar, als tuntiger Pirat ist er auch toll, aber solche lebensnahen Rollen können sein wahres Talent offenbaren. Als Donnie Brasco liefert er eine tolle Performance ab und bildet mit Pacino ein starkes Duo, das sich gegenseitig perfekt ergänzt. Für mich ist er sogar einen Ticken stärker als Pacino. Der Supporting Cast kann ebenfalls überzeugen, allen voran Michael Madsen. Anna Heche ging mir teilweise auf die Nerven, aber daran ist wohl das Drehbuch schuld.

Wenn ich an starke Gangsterfilme denke, dann muss „Donnie Brasco“ einfach erwähnt werden. Er ist kein Meisterwerk wie beispielsweise „Goodfellas“ oder „Der Pate“, aber er ist nah dran, eines zu sein. Der Film lebt von seiner realitätsnahen Darstellung der Unterwelt, speziell der Familie Bonanno. Die kalte und dreckige Atmosphäre werden von der Kamera sehr gut aufgefangen und die Auswahl der Kostüme ist ebenfalls gelungen, sodass man das Gefühl bekommt, tatsächlich eine Mafia-Welt vor seinen Augen zu haben. Die größte Stärke des Films liegt aber in der Darstellung der Beziehung Brasco und Lefty. Man übertreibt es nie, die Entwicklung läuft glaubwürdig ab und die Charaktere sind toll geschrieben. Man kauft dem Film ab, dass Pistone alias Brasco sich in der Unterwelt wohlfühlt und dementsprechend eine größere Rolle in der Familie Bonanno besitzen will. Die kleine Nebenhandlung und Szenen mit seiner Frau verstärken dieses Gefühl und ergänzen wunderbar die Hauptstory und dient ihrem Zweck. Es fehlen aber die großen Momente, Überraschungen, die den Film sonst zu einem Meisterwerk gemacht hätten. Das Ende wird nicht allen gefallen, aber für mich war das ein gelungener Abschluss. Wer also auf Mafia-Filme steht, darf sich „Donnie Brasco“ nicht entgehen lassen.
8,5/10

Movies 2013 (82) – Aufgelegt

aufgelegt

Jahr: 2000
Genre: Diane Keaton
Drehbuch: Delia Ephron, Nora Ephron

Worum geht’s?
Eigentlich müsste Eve (Meg Ryan) in eine Klinik eingeliefert werden, und nicht ihr Vater Lou (Walter Matthau), der vor witzig-skurillen Geschichten nur so übersprudelt. Er leidet an Gedächtnisschwund und den Erinnerungen an seine Vergangenheit, vor allem daran, dass seine Frau ihn verlassen hat. Obwohl er eigentlich sterbenskrank ist, telefoniert er für sein Leben gern. Vor allem mit seiner Lieblingstochter Eve, und diei hält er damit ganz schön auf Trab. Nachdem sie ihn zu einigen Tests im Krankenhaus abgeliefert hat, geht für Eve der ganz normale Wahnsinn weiter. Denn auch ihre beiden Schwestern bombardieren sie Tag und Nacht mit Telefonanrufen.

Darsteller:
Meg Ryan as Eve Mozell Marks
Diane Keaton as Georgia Mozell
Lisa Kudrow as Maddy Mozell
Walter Matthau as Lou Mozell

Walter Matthau ist wohl jedem Filmfan ein Begriff. Er war Star vieler unterhaltsamer Komödien, besonders seine Filme an der Seite von Jack Lemmon erfreuen sich großer Popularität. Umso trauriger ist es, dass ausgerechnet sein letzter Film, den er vor seinem Tod abgedreht hat, so schlecht ist. „Aufgelegt“ ist eine nervige Komödie, der Film verdient es eigentlich nicht, Komödie genannt zu werden. Es passiert nichts nennenswertes oder aufregendes. Dank Meg Ryan und Walter Matthau ist der Film aber kein kompletter Reinfall.

Oscarpreisträgerin Diane Keaton, die man eigentlich nur als Schauspielerin kennt, saß auch für einige Filme auf dem Regiestuhl, wie auch für „Aufgelegt“. Doch sie sollte lieber mit ihrer Schauspielkarriere weitermachen und keine Karriere als Regisseur anstreben. Die Inszenierung überzeugt in keinem Moment, das Tempo stimmt nicht und der Zuschauer fragt sich die ganze Zeit, was Keaton mit diesem Film den Zuschauern nahe bringen will. Zwar versteht man, was sie mit der Komödie bezwecken will, doch ihr gelingt es nicht, dies auf überzeugende Art und Weise zu tun. Die Expertin für Liebesfilme, Nora Ephron, schrieb das Drehbuch mit ihrer Schwester Delia. Von der Magie ihrere früheren Filme ist hier aber leider nichts zu spüren. Die Charaktere sind allesamt langweilig, das Thema Senilität ist nicht vernünftig dargestellt worden. Allgemein kann man sagen, dass die Beziehungen der Charaktere nicht glaubwürdig dargestellt werden.

Meg Ryan spielt Eve, die vielbeschäftigte Event-Promoterin, lebt ein stressiges Leben. Sie muss nicht nur ihre Familie unter einem Dach bringen, sondern sich auch um ihren kranken Vater kümmern, denn ihre zwei Schwestern sind anderweitig beschäftigt. Meg Ryan trägt den Film wirklich alleine. Man kauft ihr jede Gefühlslage ab und sie bildet mit Walter Matthau ein überzeugendes Vater-Tochter-Duo. Diane Keaton spielt die älteste Tochter und ist im Film fast gar nicht präsent, wahrscheinlich war sie mit der Regie überfordert. Lisa Kudrow, die jeder Serienjunkie als verrückte Phoebe aus „Friends“ kennt, stellt die typische Blondine dar, was mit der Zeit nur noch nervt. Nur Walter Matthau kann neben Ryan überzeugen. Als demenzkranker Vater zeigt er noch einmal, was für ein talentierter Schauspieler er war, bevor er dann starb.

„Aufgelegt“ kommt vielleicht bei Frauen, die sich mit den Charakteren identifizieren und der ganzen dargestellten Situation im Film identifizieren können, gut an, aber mir hat die Dramedy überhaupt nicht gefallen. Der Film hat es zu keiner Zeit geschafft, mein Interesse zu wecken. Das kann am trägem Tempo liegen oder an der unaufgeregten Erzählweise. Beide Aspekte stören nicht in einem Film, wenn sie ins Gesamtwerk passen, hier ist das aber nicht der Fall. Außerdem kann der Streifen sich nicht entscheiden, zu welchem Genre er letztendlich angehören soll. Für eine Komödie sind hier eindeutig zu wenig Gags, als ein Drama hat mich der Film auch nicht gepackt. Die Dramedy, wenn man das so sagen darf, kann dem Genre nichts neues abgewinnen. Alles hat man schon einmal irgendwo anders besser gesehen. Ein Pluspunkt sind die Flashbacks, die gut in den Film integriert worden sind und zur Charakterzeichnung beitragen. Die Auswirkungen der Demenzkrankheiten wurden außerdem glaubwürdig dargestellt. Alles in allem ist „Aufgelegt“ aber ohne jegliche Liebe gedreht, bei der zwar Meg Ryan und Walter Matthau gut spielen, sonst aber nicht viel los ist.
4/10

Movies 2013 (80) – Spiel auf Bewährung

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Jahr: 2007
Genre: Drama/Sport
Regie: Phil Joanou
Drehbuch: Jeff Maguire

Worum geht’s?
Sean Porter ist Bewährungshelfer in einer Jugendstrafanstalt, in der er zusammen mit seinem Kollegen, Malcolm Moore, eine Gruppe jugendlicher Schwerverbrecher in vier Wochen in ein Highschool-Footballteam verwandeln will. Konfrontiert mit Gangrivalitäten und erbittertem Hass zwischen den Mitgliedern seines Teams, versucht Porter den Kids Sinn für Selbstachtung und Verantwortung beizubringen. Dabei lernt er auch selbst noch ein paar Lektionen dazu.
Da rund 75 Prozent dieser jugendlichen Insassen in den Knast zurückkehren oder ein gewaltsames Ende auf der Straße finden, stehen Porter und Moore scheinbar unüberwindbaren Hürden gegenüber. Hinzu kommt, dass niemand gegen verurteilte Kriminelle antreten will. Erst durch harte Arbeit und viel Motivation können sich Porter und sein Team den Weg zu einer zweiten Chance erkämpfen.

Darsteller:
Dwayne Johnson as Sean Porter
L. Scott Caldwell as Bobbi Porter
Xzibit as Malcolm Moore
Jade Yorker as Willi Weathers
David V. Thomas as Kelvin Owens
Kevin Dunn as Ted Dexter
Leon Rippy as Paul Higa

Dwayne „The Rock“ Johnson gehört zu den legendärsten Wrestlingstars aller Zeiten. Durch seine Karriere bei der WWE hat er sich eine große Fanbase aufgebaut, aber nicht nur das, auch hollywoodtechnisch geht es steil nach oben für den Samoaner. Damals verspotteten ihn die Filmkritiker wegen seinen Engangements in Filmen für Kinder wie beispielsweise „Daddy ohne Plan“, nun ist jeder Film mit The Rock ein Hit. Dabei konnte er auch oftmals sein schauspielerisches Talent zur Schau stellen. „Spiel auf Bewährung“ ist dafür ein gutes Beispiel.

Phil Joanou ist schon jahrelang im Business und hat auch schon einige gute Filme abgeliefert. Doch „Heaven’s Prisoners“ war sein letzter überzeugender Film, und das liegt schon 10 Jahre her. Mit seinem neuesten Film taucht der Regisseur wieder aus der Versenkung auf und liefert ein konventionelles Sportdrama, das eigentlich alle typischen Klischees des Genres besitzt. Aber dennoch schafft es der Film, emotional zu funktionieren, was auch an der Richtung von Joanou liegt, die er angibt. Drehbuchautor Jeff Maguire wurde 1993 für sein Skript für den Film „In the Line of Fire“ mit Clint Eastwood mit einer Oscarnominierung bedacht, aber anstatt hochkarätige Projekte an Land zu ziehen, hat er seitdem nur pausiert und mit „Timeline“ einen miesen Film abgeliefert. Mit diesem Drehbuch zieht sich Maguire wieder aus dem Dreck. Zwar erinnert der Aufbau an andere Filme der gleichen Art („Remember the Titans“), aber der Film inspiriert die Zuschauer. Außerdem besitzt der Streifen eine Hauptfigur, die man sympathisch findet und mag.

Dwayne The Rock Johnson spielt Sean Porter, er ist ein ehrgeiziger Bewährungshelfer, der kriminellen Jugendlichen eine zweite Chance geben will, indem er ein Footballteam aufbaut. Aber das gestaltet sich schwieriger als gedacht, denn Porter muss nicht nur die Jungs motivieren, sondern auch die Feinde aus der eigenen Reihe bekämpfen. The Rock dreht zurzeit fast nur noch Actionfilme, aber in den wenigen Dramen, in denen er mitgespielt hat, konnte er zeigen, dass er auch ein gewisses Schauspieltalent besitzt, wie auch hier in „Spiel auf Bewährung“. Die Nebendarsteller können nicht richtig glänzen, weil sich der Film auf die Entwicklung von Porter fokussiert. Xzibit ist nur ein Sidekick und bekommt nicht genug Material. Nur Jade Yorker als talentierter Running Back kann ein bisschen zeigen, was in ihm steckt.

„Spiel auf Bewährung“ benutzt jedes erdenkliche Element, das auch in anderen Sportfilmen genutzt wird. Man könnte meinen, die Zuschauer gucken sich wieder „Remember the Titans“ an. Der Film besitzt den üblichen holprigen Beginn, in dem Porter die Jungs erstmal motivieren muss, damit eine Football-Mannschaft erst geformt werden kann. Ist erstmal ein Team gebildet worden, straucheln sie in den ersten Spielen. Danach kommt natürlich die Phase, in der die Mannschaft jedes andere Team aus dem Feld wegfegt. Bekanntes Muster, schon überall gesehen, trotzdem macht der Film Spaß, ganz einfach weil er nicht schlecht inszeniert ist und trotz Vorhersehbarkeit Herz besitzt. Die Football-Szenen sind routiniert in Szene gesetzt und das wichtigste ist, dass man mit dem ganzen Cast mitfiebert, trotz Vorhersehbarkeit. Außerdem ist der Film ehrlich, denn er zeigt die schonungslose Wahrheit über Gangs und Gewalt auf der Straße. Oft werden solche Aspekte in Filmen dieser Art nur beiläufig erwähnt. Dadurch besizt das Drama eine stärkere Wirkung. „Spiel auf Bewährung“ ist ein sehr solide gemachter Film, der mit einem mitreißenden The Rock auftrumpfen kann.
6,5/10

Movies 2013 (79) – Captain Phillips

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Jahr: 2013
Genre: Drama
Regie: Paul Greengrass
Drehbuch: Billy Ray

Worum geht’s?
In „Captain Phillips“ setzt sich Regisseur Paul Greengrass mit der Entführung des US Containerschiffs Mearsk Alabama durch somalische Piraten im Jahr 2009 auseinander. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen dem kommandierenden Offizier der Alabama, Kapitän Richard Phillips, und seinem somalischen Gegenspieler Muse. Auf ihrem unumkehrbaren Kollisionskurs vor der Küste Somalias, müssen die beiden Männer am Ende einen hohen persönlichen Preis bezahlen für wirtschaftliche Zwänge, die jenseits ihrer Kontrolle liegen.

Darsteller:
Tom Hanks as Captain Richard Phillips
Barkhad Abdi as Muse
Barkhad Abdirahman as Bilal
Faysal Ahmed as Najee
Mahat M. Ali as Elmi
Catherine Keener as Andrea Phillips

Wie viel Wahrheit steckt in „Captain Phillips“? Der eigentliche Film stellt Richard Phillips als einen Helden dar, der in einer schwierigen Situation über sich hinauswächst und seine Crew somit rettet. Doch ist das alles wirklich so passiert? Viele Crew-Mitglieder sagen nein. Sie behaupten nämlich, dass Phillips alles andere als heldenhaft agiert habe, im Gegenteil, durch sein leichtfertiges Verhalten soll er die Kaperung sogar ermöglicht haben. Zurzeit läuft ein Gerichtsverfahren gegen die Reederei Maersk, nicht gegen Phillips, aber die Mitglieder erheben schwere Vorwürfe. Geschadet hat es dem Film nicht, denn er hat starke 98 Millionen Dollar eingespielt und gehört definitiv zu den besten Filmen des Jahres, trotz kleineren Problemen im zweiten Akt.

Paul Greengrass ist ein talentierter Regisseur, dessen Filmographie sich sehen lassen kann. Mit “ Die Bourne Verschwörung“ fügte er dem Genre neue Facetten hinzu und er erhielt 2007 für sein Drama „Flug 93“ seine erste Oscarnominierung, die zweite könnte schon bald folgen. Greengrass‘ Handschrift ist hier deutlich zu erkennen. In „Flug 93“ verwendete der Ire einen dokumentarischen Erzählstil, der auch hier benutzt wird und perfekt zur Handlung passt. Die Kamera ist diesmal nicht so wackelig wie beispielsweise in „Green Zone“ und wird hier auch optimal genutzt, um Spannung und Dramatik zu erzeugen. Das Tempo ist stets hoch und der Zuschauer kommt zu keiner Verschnaufpause. Drehbuchautor Billy Ray hat schon so einige gute Skrips verfasst. Mit seinem Drehbuch für „The Hunger Games“ führte er die Zuschauer problemos in die Welt hinein. Er verfasste auch das Skript zum „Sinatra“-Film, den die Legende Martin Scorsese schon seit langem realisieren will. Ray kann sich Hoffnungen auf eine Nominierungen machen, denn er liefert eine überzeugende Arbeit ab. Der Film entwickelt sich schnell aus einer simplen Entführung zu einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Anführer der somalischen Piraten und Phillips. Doch in der Mitte hat der Film einen kleinen Durchhänger und wird etwas langweilig, wenn man das Wort bei so einem Film benutzen darf. Die Figuren sind aber allesamt toll geschrieben und die Version von Billy Ray dieser Geschichte ist gelungen.

Tom Hanks spielt den Captain Richard Phillips, der mit seiner Besatzung einen Frachtschiff abladen muss. Alltag für Phillips, doch es kommt anders. Wegen mehreren Hinweisen, dass somalische Piraten kommen könnten, lässt Phillips seine Crew eine Notfallübung absolvieren. Zum Glück, denn zwei Schiffe, beladen mit Piraten, schaffen es, das Frachtschiff zu kapern. Phillips versucht alles, um seine Crew vor dem Tod zu schützen und opfert sich für sie. Dies hier ist Tom Hanks‘ anspruchsvollste Rolle seit langem und er kann sein Talent wieder einmal der ganzen Öffentlichkeit demonstrieren. Durch ihn funktioniert der Film auch auf der emotionalen Ebene. Die Zuschauer fühlen und fiebern mit dem Kapitän mit. Man müsste meinen, die Leistung von Hanks im Film ist nicht zu toppen, und dann kommen die letzten fünf Minuten nach seiner Befreiung. Was Hanks hier zeigt, ist oscarwürdig. Die Angst und Erleichterung kommen gleichzeitig aus ihm heraus. Wäre das Best Actor-Feld nicht so stark dieses Jahr, wäre Hanks mein Favorit dieses Jahr. Eine Nominierung ist ihm aber sicher. Doch die größte Überraschung ist Barkhad Abdi, der den Anführer der Piraten, Muse, darstellt. Ich habe gelesen, dass er von dem Casting gehört und einfach aus Spaß teilgenommen habe, und zum Glück tat er das. Abdi ist wahnsinnig stark in diesem Film und liefert sich ein sehenswertes und extrem spannendes, psychologisches Duell mit Hanks ab. Dank seiner Darstellung sympathisiert man auch mit Muse. Ich hoffe, er wird für einen Oscar nominiert. Den fünften Platz könnte er bekommen. Auch die anderen Piraten-Darsteller liefern glaubwürdige Performances ab, Hut ab vor dem Casting.

Puh, das war ein Filmerlebnis. Den Namen „Captain Phillips“ werden bis zum März noch öfter hören, insbesondere bei Award Shows, denn er wird einige Nominierungen absahnen, die gerechtfertigt sind. Der Film verbraucht mit einer knackigen Exposition keine Zeit und er geht schnell ans eingemachte. Sobald Phillips das Schiff betritt, fängt die Spannung auch schon an, zu steigen, und die Spannungskurve steigt immer rapide an, je länger der Film läuft. Dies erreicht das Drama auch durch seinen hervorragenden Erzählstil. Durch diesen Dokustil ist der Zuschauer immer hautnah dabei, man fühlt sich selbst auf dem Schiff und als Crew-Mitglied. Die Entscheidung, die Handlungen der somalischen Piraten bis zur Kaperung parallel zu zeigen, war eine sehr gute und trägt zur Effektivität des Films bei. Doch „Captain Phillips“ ist mehr als nur ein Entführungsthriller, er brilliert vor allem durch das psychologische Duell zwischen Phillips und Muse. Die Dialoge und Szenen mit den beiden sind klasse und gehören zu den stärksten Aspekten des Films. Hier ist vor allem die Charakterisierung überzeugend. Man erläutert die Motive der Piraten, somit sympathisiert der Zuschauer etwas mit ihnen, ganz einfach aus dem Grund, weil man versteht, was sie durchmachen. Doch die rapide steigende Spannungskurve hat auch ihren Nachteil; irgendwann in der Mitte geht dem Film die Puste aus, und zwar genau in dem Moment, in dem Phillips in das Rettungsboot hineingezogen wird. Die Anfangsszenen in diesem engen Raum sind zunächst super und kann vor allem durch Muse/Phillips-Momente überzeugen. Doch mit der Zeit gingen auch die Ideen aus, und der Zuschauer selbst kommt zum verschnaufen, aber nicht freiwillig. Hier kann man von Glück aus sprechen, dass man nicht lange mit der Involvierung der US-Marines gewartet hat. Die Rettungsaktion sprüht dann nur vor Tempo und Spannung. Das Ende ist dann natürlich klar, aber mein Gott, diese letzten fünf Minuten haben es in sich. Das ist große Schauspielkunst von Hanks. „Captain Phillips“ ist ein Film, den man in diesem Herbst gesehen haben muss.
8/10