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Movies 2013 (79) – Captain Phillips

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Jahr: 2013
Genre: Drama
Regie: Paul Greengrass
Drehbuch: Billy Ray

Worum geht’s?
In „Captain Phillips“ setzt sich Regisseur Paul Greengrass mit der Entführung des US Containerschiffs Mearsk Alabama durch somalische Piraten im Jahr 2009 auseinander. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen dem kommandierenden Offizier der Alabama, Kapitän Richard Phillips, und seinem somalischen Gegenspieler Muse. Auf ihrem unumkehrbaren Kollisionskurs vor der Küste Somalias, müssen die beiden Männer am Ende einen hohen persönlichen Preis bezahlen für wirtschaftliche Zwänge, die jenseits ihrer Kontrolle liegen.

Darsteller:
Tom Hanks as Captain Richard Phillips
Barkhad Abdi as Muse
Barkhad Abdirahman as Bilal
Faysal Ahmed as Najee
Mahat M. Ali as Elmi
Catherine Keener as Andrea Phillips

Wie viel Wahrheit steckt in „Captain Phillips“? Der eigentliche Film stellt Richard Phillips als einen Helden dar, der in einer schwierigen Situation über sich hinauswächst und seine Crew somit rettet. Doch ist das alles wirklich so passiert? Viele Crew-Mitglieder sagen nein. Sie behaupten nämlich, dass Phillips alles andere als heldenhaft agiert habe, im Gegenteil, durch sein leichtfertiges Verhalten soll er die Kaperung sogar ermöglicht haben. Zurzeit läuft ein Gerichtsverfahren gegen die Reederei Maersk, nicht gegen Phillips, aber die Mitglieder erheben schwere Vorwürfe. Geschadet hat es dem Film nicht, denn er hat starke 98 Millionen Dollar eingespielt und gehört definitiv zu den besten Filmen des Jahres, trotz kleineren Problemen im zweiten Akt.

Paul Greengrass ist ein talentierter Regisseur, dessen Filmographie sich sehen lassen kann. Mit “ Die Bourne Verschwörung“ fügte er dem Genre neue Facetten hinzu und er erhielt 2007 für sein Drama „Flug 93“ seine erste Oscarnominierung, die zweite könnte schon bald folgen. Greengrass‘ Handschrift ist hier deutlich zu erkennen. In „Flug 93“ verwendete der Ire einen dokumentarischen Erzählstil, der auch hier benutzt wird und perfekt zur Handlung passt. Die Kamera ist diesmal nicht so wackelig wie beispielsweise in „Green Zone“ und wird hier auch optimal genutzt, um Spannung und Dramatik zu erzeugen. Das Tempo ist stets hoch und der Zuschauer kommt zu keiner Verschnaufpause. Drehbuchautor Billy Ray hat schon so einige gute Skrips verfasst. Mit seinem Drehbuch für „The Hunger Games“ führte er die Zuschauer problemos in die Welt hinein. Er verfasste auch das Skript zum „Sinatra“-Film, den die Legende Martin Scorsese schon seit langem realisieren will. Ray kann sich Hoffnungen auf eine Nominierungen machen, denn er liefert eine überzeugende Arbeit ab. Der Film entwickelt sich schnell aus einer simplen Entführung zu einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Anführer der somalischen Piraten und Phillips. Doch in der Mitte hat der Film einen kleinen Durchhänger und wird etwas langweilig, wenn man das Wort bei so einem Film benutzen darf. Die Figuren sind aber allesamt toll geschrieben und die Version von Billy Ray dieser Geschichte ist gelungen.

Tom Hanks spielt den Captain Richard Phillips, der mit seiner Besatzung einen Frachtschiff abladen muss. Alltag für Phillips, doch es kommt anders. Wegen mehreren Hinweisen, dass somalische Piraten kommen könnten, lässt Phillips seine Crew eine Notfallübung absolvieren. Zum Glück, denn zwei Schiffe, beladen mit Piraten, schaffen es, das Frachtschiff zu kapern. Phillips versucht alles, um seine Crew vor dem Tod zu schützen und opfert sich für sie. Dies hier ist Tom Hanks‘ anspruchsvollste Rolle seit langem und er kann sein Talent wieder einmal der ganzen Öffentlichkeit demonstrieren. Durch ihn funktioniert der Film auch auf der emotionalen Ebene. Die Zuschauer fühlen und fiebern mit dem Kapitän mit. Man müsste meinen, die Leistung von Hanks im Film ist nicht zu toppen, und dann kommen die letzten fünf Minuten nach seiner Befreiung. Was Hanks hier zeigt, ist oscarwürdig. Die Angst und Erleichterung kommen gleichzeitig aus ihm heraus. Wäre das Best Actor-Feld nicht so stark dieses Jahr, wäre Hanks mein Favorit dieses Jahr. Eine Nominierung ist ihm aber sicher. Doch die größte Überraschung ist Barkhad Abdi, der den Anführer der Piraten, Muse, darstellt. Ich habe gelesen, dass er von dem Casting gehört und einfach aus Spaß teilgenommen habe, und zum Glück tat er das. Abdi ist wahnsinnig stark in diesem Film und liefert sich ein sehenswertes und extrem spannendes, psychologisches Duell mit Hanks ab. Dank seiner Darstellung sympathisiert man auch mit Muse. Ich hoffe, er wird für einen Oscar nominiert. Den fünften Platz könnte er bekommen. Auch die anderen Piraten-Darsteller liefern glaubwürdige Performances ab, Hut ab vor dem Casting.

Puh, das war ein Filmerlebnis. Den Namen „Captain Phillips“ werden bis zum März noch öfter hören, insbesondere bei Award Shows, denn er wird einige Nominierungen absahnen, die gerechtfertigt sind. Der Film verbraucht mit einer knackigen Exposition keine Zeit und er geht schnell ans eingemachte. Sobald Phillips das Schiff betritt, fängt die Spannung auch schon an, zu steigen, und die Spannungskurve steigt immer rapide an, je länger der Film läuft. Dies erreicht das Drama auch durch seinen hervorragenden Erzählstil. Durch diesen Dokustil ist der Zuschauer immer hautnah dabei, man fühlt sich selbst auf dem Schiff und als Crew-Mitglied. Die Entscheidung, die Handlungen der somalischen Piraten bis zur Kaperung parallel zu zeigen, war eine sehr gute und trägt zur Effektivität des Films bei. Doch „Captain Phillips“ ist mehr als nur ein Entführungsthriller, er brilliert vor allem durch das psychologische Duell zwischen Phillips und Muse. Die Dialoge und Szenen mit den beiden sind klasse und gehören zu den stärksten Aspekten des Films. Hier ist vor allem die Charakterisierung überzeugend. Man erläutert die Motive der Piraten, somit sympathisiert der Zuschauer etwas mit ihnen, ganz einfach aus dem Grund, weil man versteht, was sie durchmachen. Doch die rapide steigende Spannungskurve hat auch ihren Nachteil; irgendwann in der Mitte geht dem Film die Puste aus, und zwar genau in dem Moment, in dem Phillips in das Rettungsboot hineingezogen wird. Die Anfangsszenen in diesem engen Raum sind zunächst super und kann vor allem durch Muse/Phillips-Momente überzeugen. Doch mit der Zeit gingen auch die Ideen aus, und der Zuschauer selbst kommt zum verschnaufen, aber nicht freiwillig. Hier kann man von Glück aus sprechen, dass man nicht lange mit der Involvierung der US-Marines gewartet hat. Die Rettungsaktion sprüht dann nur vor Tempo und Spannung. Das Ende ist dann natürlich klar, aber mein Gott, diese letzten fünf Minuten haben es in sich. Das ist große Schauspielkunst von Hanks. „Captain Phillips“ ist ein Film, den man in diesem Herbst gesehen haben muss.
8/10

Movies 2013 (4) – Jungfrau (40), männlich, sucht…

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Jahr: 2005
Genre: Komödie
Regie: Judd Apatow
Drehbuch: Judd Apatow, Steve Carell

Worum geht’s?
Der 40-jährige Andy Stitzer führt ein schönes Leben mitsamt seiner Actionfigur-Sammlung und einem langweiligen Job in einem Elektrogeschäft. Doch da ist eine Sache, die ihm noch fehlt. Andy hatte noch nie Sex. Nicht einmal aus Versehen. Andy hat sich damit arrangiert, aber seine Kollegen können das nicht einfach auf sich beruhen lassen. Sie versuchen alles, um Andy aus seiner „Situation“ zu befreien, und treten damit eine Lawine von misslungenen Verabredungen los. Doch dann trifft Andy die alleinerziehende Mutter Trish, und alles deutet darauf hin, dass „es“ nun endlich passiert.

Darsteller:
Steve Carell as Andy
Catherine Keener as Trish
Paul Rudd as David
Romany Malco as Jay
Seth Rogen as Cal
Elizabeth Banks as Beth

Steve Carell gehört zu den vielseitigsten Schauspielern in Hollywood. Er begann seine Karriere als Korrespondent der satirischen Nachrichtensendung „Daily Show“ des US-Kabelkanals Comedy Central. 2005 beendete er sein Engagement und fokussierte sich auf seine Filmkarriere. Damals wurden die Stimmen laut, dass ein Mann in seinem Alter kein Filmstar mehr werden könne. Doch in demselben Jahr wollte Apatow, dass Carell die Hauptrolle in der Komödie „Jungfrau (40), männlich, sucht…“ übernimmt. Der akzeptierte und wurde über Nacht zum Filmstar, dessen Karriere bis heute noch andauert. Für seine Rolle des paranoiden Milliardärs John E. du Pont in Bennett Millers Filmdrama „Foxcatcher“ wurde er 2015 für den Golden Globe Award und den Oscar nominiert, als nächstes wird er in der Apple+ Serie „The Morning Show“ neben Jennifer Aniston und Reese Witherspoon zu sehen sein. Von Komödie bis Drama, der Mann kann alles. Und seine Karriere verdankt er dem Film „Jungfrau (40), männlich, sucht…“, eine extrem amüsante Komödie mit einer hohen Gagdichte. Hier kommt fast jeder Witz an, und Gefühle stehen ebenfalls an der Tagesordnung.

Judd Apatow, der vor diesem Film als Erfinder, Autor und Produzent von Serien arbeitete, konnte mit dieser Komödie endlich durchstarten. Bei einem Budget von 26 Millionen Dollar Kosten spielte der Film weltweit 177 Millionen Dollar ein. Handwerklich ist der Film einwandfrei inszeniert und man merkt Apatow gar nicht an, dass dies sein erster Film ist. Apatow hat mit Carell das Drehbuch geschrieben und dieses ist ebenfalls gut gelungen. Die Mischung der Gags ist schön abwechslungsreich, mal bekommt der Zuschauer derben Humor zu sehen, dann aber gibt es wieder Dialogwitz vom Feinsten. Vieles an dem Film ist improvisiert, was der Komödie sichtlich gut tut. Der Film kann mit einer unterhaltsamen Geschichte punkten, die über weite Strecken des Films amüsant ist. Des Weiteren hat man mit Andy einen Charakter, mit dem man mitfühlen kann, weil er einem ziemlich leidtut. Auch die Nebencharaktere sind extrem witzig und tragen zur Unterhaltung bei.

Steve Carell ist Andy, der einen langweiligen Job in einem Technikmarkt besitzt und ansonsten ein langweiliges Leben mit seinen Videospielen und Actionfiguren führt. Doch etwas fehlt: Sex. Seine Arbeitskollegen versuchen, Andy eine Frau zu besorgen. Aber irgendwie klappt es nicht so recht mit den Frauen und Andy, bis er auf Trish trifft. Steve Carrell füllt die Rolle mit seinem komödiantischen Talent sehr gut aus. Er ist witzig und weiß wie er die Gags rüberbringen muss, ein besseres Casting hätte man sich nicht vorstellen können. Sei es Situationskomik oder seine Mimiken, Carell ist einfach extrem talentiert. Dabei überzeugt er auch in den ruhigen Momenten mit Trish. Diese wird wunderbar dargestellt von Catherine Keener. Ihre Chemie mit Carell ist glaubwürdig und beide geben ein komisches und schönes Paar ab. Auch seine Arbeitskollegen wurden gut ausgewählt. Paul Rudd, Romany Malco und Seth Rogen haben allesamt ihre Momente und bringen die Zuschauer zum Lachen. Ich hätte den Jungs gerne noch länger dabei zugesehen, wie sie einen witzigen Spruch nach dem anderen raushauen. Leslie Mann hat eine kleine verrückte Gastrolle, die es in sich hat. Außerdem kann man einen jungen Jonah Hill und Kevin Hart bewundern, bevor sie groß rausgekommen sind.

Steve Carrell konnte mit dieser Komödie endlich in Hollywood durchstarten, und das zurecht, denn „The 40 Year Old Virgin“ gehört definitiv zu den lustigsten Komödien der letzten Jahre. Storytechnisch bewegt man sich nicht auf einem neuen Territorium, dennoch liegt es auch an dem aberwitzigen, bodenständigen Plot, dass der Film so amüsant ausgefallen ist, und die Besetzung ist gut genug um die Geschichte etwas aufzuwerten. Dabei benutzt man nicht nur eine Humorrichtung, sondern findet eine gute Balance zwischen Fäkalhumor, Situationskomik und Dialogwitz. Die improvisierten Szenen im Film kommen gut an und man sollte Apatow danken, dass er sie nicht rausgeschnitten hat. Carrell trägt den Film ohne Probleme und ohne ihn wäre der Film nur halb so gut ausgefallen. Trotz den Witzen auf Kosten der Jungfrau Andy ist der Film im Kern eine Liebesgeschichte, die wunderbar authentisch geschrieben ist mit pointierten Dialogen. Der Film funktioniert also auch als RomCom. Der Film an sich besitzt keinen richtigen Plot, aber das Fehlen eines echten Handlungsfadens führt zu einer Aneinanderreihung von einer amüsanen Szene nach der anderen, die alle das gleiche Thema variieren: Der verklemmte Andy muss aufgetaut werden. Sei es die Waxing-Szene oder der Pokerabend mit den Arbeitskollegen und Freunden, diese Situationen sind einfach komisch und bringen einen zum Lachen, und mehr kann man nicht von einer Komödie erwarten. Die lange Laufzeit macht sich nach einiger Zeit aber bemerkbar und die Komödie zieht sich gegen Ende. Auch gibt es Durststrecken, in denen überhaupt nichts lustiges passiert, aber diese kommen nicht so oft vor.

„The 40 Year Old Virgin“ verbreitet aber insgesamt gute Laune, die spielfreudige Besetzung weiß zu überzeugen und mit Steve Carell wurde ein Star geboren.
8/10

Bildqualität: Die Neuauflage bietet ein gutes Bild, auch wenn das Schwarz hätte besser sein können.

Tonqualität: Am Ton gibt es nichts zu bemängeln.

Bonusmaterial: Die Neuauflage bietet einen Audiokommentar von Judd Apatow & Seth Rogen, geschnittene Szenen und zahlreiche Featurettes. Für eine simple Komödie mehr als genug. Besonders der Audiokommentar ist extrem unterhaltsam. Wer den Film genauso mochte wie ich sollte ihn sich mal mit den Kommentaren von Apatow und Rogen anschauen, es ist erstaunlich, wie viel improvisiert worden ist. Zudem sind Hintergrundinformationen immer ganz cool. Die geschnittenen Szenen sind ebenfalls unterhaltsam.